Unter den Stichworten "Tod des Autors" und "intentionaler Fehlschluß" hat die Theoriedebatte den Autor als Begriff und als Konzept
der Bedeutungsermittlung für obsolet erklärt. Wer sich auf den Autor beruft, setzt sich dem Verdacht der theoretischen Naivität aus.
Der Verabschiedung des Autors steht eine Interpretationspraxis gegenüber, die legitime Verwendungsweisen des Autorkonzepts immer wieder
demonstriert. Diese Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis mag zum Teil in einer Ignoranz gegenüber vergangenen und aktuellen Debatten
um den Autorbegriff begründet sein sowie in der mangelnden Konsequenz, theoretische Postulate auch in Interpretationen umzusetzen.
Grundlegender ist aber die Einsicht, daß die theoretische Reflexion über den Autor zentralen Formen des wissenschaftlichen Umgangs
mit literarischen Texten nicht gerecht wird. Anstatt aufgrund wissenschafts- oder erkenntnistheoretischer Vorannahmen das Autorkonzept
pauschal zu verabschieden, sollte das Phänomen, um das es geht, zunächst einmal differenziert analysiert werden. Erst auf dieser
Basis ist auch eine Legitimation des Konzepts möglich.
Die Beiträge des Bandes versuchen eine Antwort auf die Frage nach einer sinnvollen Verwendung des Autorbegriffs sowohl in historischer
wie ihn systematischer Absicht zu formulieren, und sie tun dies in bewußt pragmatischer Absicht. Sie verstehen sich daher nur zu einem
Teil als Fortsetzung der älteren Theoriedebatte; in erster Linie geht es ihnen um eine möglichst genaue Rekonstruktion der Begriffe,
die für die literaturwissenschaftliche Praxis grundlegend sind. Sie stellen traditionelle Verwendungsweisen des Autorbegriffs ebenso
auf den Prüfstand wie autorkritische Begriffsverwendungen und suchen den Vergleich mit Verwendungsweisen des Autors in anderen Medien
wie dem Film, der Musik, der Kunst oder den Hypertexten. Aufgezeigt werden der begriffsgeschichtliche Hintergrund, die verschiedenen
Idealtypen der Verwendung und die Problemmuster, die bei der praktischen Umsetzung auftreten. Damit soll für dieses Feld die
Blockade zwischen Theorie und Praxis aufgelöst werden. Ziel der Untersuchungen ist es, eine Präzisierung des Umgangs mit dem
Begriff, den Funktionen und den Konzeptualisierungen des Autors in den literaturwissenschaflichen Fächern durchzusetzen.